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"Eine Predigt von Pastor Stephan Schwegmann zu den Themen: Hass im Internet, Morddrohungen gegen Bürgermeister, die Intoleranz nimmt zu"

Sonntag, 10. November 2019

Predigt am 9./10. November 2019
Emsbüren
Thema: Reichsprogromnacht – Hass im Netz – Toleranz
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Liebe Schwestern und Brüder,

1. Hass im Netz – und im gesellschaftlichen Leben

  1. Was ist los in Deutschland?
  2. Und nicht nur in Deutschland.
    Sondern in so vielen Ländern?

Da ist Hass im Internet.
In den sozialen Netzwerken werden Andersdenkende beschimpft.

Da schreiben Leute im Internet.
Nennen natürlich nicht ihren Namen.
->> Und sie rufen zur Gewalt auf, und auch zum Mord.

So geschehen bei Cem Özdemir von den Grünen.
Oder bei der Vizepräsidentin des Bundestages, Claudia Roth.

Der Hass im Internet richtet sich aber auch gegen Musiker, wie gegen Udo Lindenberg:
Weil er gegen Nazis Stellung bezieht.
Die Hasskommentare im Internet richten sich gegen Horst Seehofer, weil er sich für konsequente Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern einsetzt.

Und aus der Hass-Sprache wird oft Gewalt:

Linke Chaoten besetzen in der Hamburger Universität einen Vorlesungssaal und hindern einen konservativen Professor daran, dass er seine Vorlesung hält.

Rechtsextreme Gewalttäter töten Walter Lübke, einen CDU-Politiker.

Rechtsextrem Gewalttäter töten zwei Menschen, weil sie Juden sind.
Ein islamischer Extremist fährt in einen Weihnachtsmarkt in Berlin, nur mit einem Ziel: Möglichst viele Menschen zu töten.

Es ist immer das gleiche Muster:

Am Anfang sind es Worte
Und dann werden Menschen getötet

Die Hassbotschaften im Netz sind Gift für unsere Gesellschaft.
Denn aus Angst vor Hass und Gewalt, ziehen sich Menschen zurück:
Bürgermeister, Politiker, der Chef vom Landeselternrat und andere.
Wenn das aber so weitergeht, dann haben die Hass-Botschafter gewonnen:
Dann trocknet die Demokratie von unten aus.

->> Wenn alle Angst haben und keiner mehr Verantwortung übernimmt, dann stirbt die Demokratie.

2. Woher kommt all der Hass?

Liebe Schwestern und Brüder,

Woher kommt all der Hass, und die Wut, und die Gewalt?

Ich sehe da verschiedene Ursachen:

Erstens:
Wenn Menschen denken, dass sie keiner sieht und keiner beobachtet, dann zeigen sie manchmal ihr böses Gesicht.
Wenn wir mit anderen zusammen sind, dann sagen wir gute und ordentliche Sachen.

->> Es gibt ja Augenzeugen.

Aber wenn wir alleine im Internet unterwegs sind, und keiner weiß, wer das geschrieben haben, dann schreiben wir vielleicht sehr böse Sachen:
Über Angela Merkel.
Oder für die Flüchtlinge.
Oder über Juden

Die zweite Ursache geht tiefer:
Es gibt die Globalisierung.
Es verändert sich alles so schnell, dass viele Menschen verunsichert sind.
Sie haben das Gefühl, dass nichts mehr so ist, wie vor 20 Jahren.
Sie haben das Gefühl, der Heimatlosigkeit.
->> Ist das eigentlich noch mein Land?
->> Und mit dieser Verunsicherung der Menschen spielen die Fanatiker und die Demagogen.

3. Was ist zu tun?
Liebe Schwestern und Brüder,
# Was ist unsere Antwort als Christinnen und Christen?
# Was denken wir dazu?
# Wie verhalten wir uns?

Ein erster Punkt:
Ein Christ kann niemals ein Rassist sein.
Wir Christen glauben, dass Gott alle Menschen erschaffen hat.
Im Laufe von Millionen von Jahren.
Im Laufe der Evolution.

Jeder Mensch ist ein Kind Gottes:

Egal ob wir aus Afrika kommen oder aus Amerika.
Egal ob wir Schwarz sind oder weiß.
Egal ob wir Christen sind, oder Juden, ober Muslime, oder Atheisten.

->> Jeder Mensch ist ein Kind Gottes.

Jeder Mensch verdient Achtung und Respekt.
Weil er ein Mensch ist.

Das heißt:
Hass im Internet, andere Menschen bedrohen, Gewalt gegen Andersdenkende – all das geht für uns Christen überhaupt nicht.
Und wir müssen den Mund aufmachen:
Für Toleranz und für Menschlichkeit eintreten.
Wenn am Stammtisch oder in der Clique jemand verächtlich redet:
Gegen Juden
Gegen Türken
Gegen Frauen

->> Dann müssen wir den Mund aufmachen.
Dann dürfen wir nicht schweigen.

Das heißt nicht, dass wir immer lieb sein müssen, und uns immer mit Samthandschuhen anpacken müssen:
Wir müssen politisch miteinander streiten.

Die besten Lösungen suchen.
Uns engagieren.

Es gibt ein großes Spielfeld in der Demokratie, in dem wir uns bewegen können!

->> Doch, wenn aus der Diskussion Hass und Hetze wird, dann stehen wir im Abseits und im Aus.
Wir müssen uns für Freiheit und für Toleranz einsetzen:

Die linken Demonstranten in Hamburg müssen lernen, dass ein konservativer Professor eine Vorlesung halten darf.
Der überzeuge Muslim muss lernen, dass andere Menschen Christen sind oder Juden.
Der Konservative muss lernen, dass ein Homosexueller ein guter Außenminister sein kann, oder ein guter Gesundheitsminister.

Unser ehemaliger Bundespräsident Joachim Gauck sagt das so:

„Toleranz kann auch heißen:
Ich kämpfe mit denen, deren Ideologie ich ablehne,
sehe sie aber nicht als Feinde.
Feinde sind allerdings diejenigen, die Hass schüren
Und sogar zur Gewalt greifen.“
Liebe Schwestern und Brüder,
genau da liegt die Grenze:
Meinungsstreit und Diskussion: Ja
Hass und Gewalt: Nein

4. Reichsprogromnacht

Liebe Gemeinde,
all das, was heute wieder hochkommt, ist nicht neu.
In der Nacht vom 9. November auf den 10. November 1938 war die Reichsprogromnacht.
Da wurden in ganz Deutschland die Synagogen angesteckt und die Geschäfte jüdischer Mitbürger.

Die Jüdin Erna de Vries hat davon berichtet.
In unserer Kirche.

Wie in dieser Nacht die Leute gekommen sind und die Wohnung der Familie de Vries zerstört haben.
Und dann noch mit Wasser haben volllaufen lassen, um die Wohnung unbrauchbar zu machen.
Damit die jüdische Familie endlich verschwindet.

->> Es waren Deutsche. Ganz „normale Leute“.
Auch Nachbarn.

a) Zuerst waren es Hass-Reden
b) Dann brannten Bücher.
c) Dann brannten Häuser und Synagogen
d) Und dann wurden Menschen getötet

So wie heute.

Liebe Schwestern und Brüder,
bei all dem machen wir Christen nicht mit.

Und nicht nur das:

Wir müssen uns den Brandstiftern in den Weg stellen.

->> Weil jeder Mensch ein Kind Gottes ist.
->> Und weil die Botschaft des Evangeliums nicht der Hass ist.

Sondern die Liebe.

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